Das siebte Kreuz ist die Geschichte einer Flucht, 1937.

Die Geflüchteten: sieben Gefangene des Konzentrationslagers Westhofen. Unter ihnen ist Georg Heisler, der Gefangene, dessen Schicksal wir am längsten miterleben.

Die Verfolger: eine ganze Fahndungsmaschinerie in der Hand des Lagerleiters Fahrenberg, Vertreter des Hitlersystems, von Fahrenbergs Untergebenen der SA bis zu den alltäglichsten Mitläufern auf den Dörfern, in Mainz und in Frankfurt.

Fahrenberg lässt sieben Kreuze erschaffen, Bretter, an geköpfte Platanen genagelt. Er schwört, in sieben Tagen alle Flüchtlinge wieder eingefangen zu haben. Wir begleiten sie in sieben Kapiteln durch diese sieben Tage. Für Georg Heisler ist das siebte Kreuz bestimmt.
„Er überdachte die letzten Stunden. Wer hat mich gesehen? Wer kann mich beschreiben? In diesen Kreis hinein geraten, war er schon halb verloren. Furcht, das ist, wenn eine bestimmte Vorstellung anfängt, alles andere zu überwuchern. Aus heiterem Himmel, mitten auf diesem stillen Weg, wo gar keine Augen auf ihn gerichtet waren, traf es ihn! Ein neuer Anfall von Furcht...“
Das siebte Kreuz

Autorin: Anna Seghers
Verlag: Aufbau Verlag
ISBN: 978-3-7466-5151-4
Erscheinungsjahr: 1942
Seitenzahl: 416
Preis: 9,99€
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Anna Seghers kann so schreiben, das man nie vergisst, worum es für die Geflohenen geht. Es drohen Folter und Tod. Aber auch die Gedanken und Motive der SA-Mitglieder beschreibt sie nah, betrachtet genau das Machtstreben und die Grausamkeit und lenkt den Leser dabei nicht ab durch eigene Wertungen. Genauso sind alle anderen Überlegungen und Regungen der vielen Nebenfiguren ehrlich und nackt beschrieben.

Es war das Ziel Anna Seghers, mit diesem Roman einen Querschnitt durch die Deutsche Gesellschaft der Hitlerzeit zu zeigen, und dabei vor allem, dass es einigen Widerstand unter den Menschen gab. Das sie gegenseitige Hilfe planten, wobei sie sich nach außen hin nichts anmerken ließen und die Gepflogenheiten des dritten Reiches mitmachten. Das „Heil Hitler“ und das Gehorchen. Doch mit der Kraft jeder anständigen Entscheidung, die die Menschen treffen, denen Georg begegnet - die sich die Frage stellen müssen: Deck ich ihn oder Verrat ich ihn? - kommt er auf seinem Weg voran. Allein wäre sein Vorhaben aussichtslos.

Die Sprache in Das siebte Kreuz

Anna Seghers kann mit drei Sätzen charakteriesieren. Alle Figuren scheint sie dabei ein Leben lang zu kennen, doch nur das Wichtigste erzählt sie. So vielen Menschen begegnet Georg aber alle prägen sich ein.
„Das Gesetz, nach dem die Gefühle der Menschen entflammen und erkalten, galt nichts für die vierundfünfzigjährige Frau, die im Zimmer in Schimmelgäßchen am Fenster saß, die kranken Beine auf einem zweiten Stuhl ausgestreckt. Denn diese Frau war Georgs Mutter.“
Hier ist wieder ein Buch, dessen Sprache so hervorragend ist, dass ich am liebsten die ganze Rezension mit Zitaten zupflastern würde.

In der Geschichte ist immer Jetzt. Das klingt banal, aber jeder Satz hat so viel Gehalt, das man kaum Luft holen kann zum Reflektieren, oder um Vorzudenken. So wie Georg, der auch jeweils vor seiner gegenwärtigen Situation als Herausforderung steht, von der er ganz eingenommen wird.
Während ich las war für mich alles echt. Die ganze Geschichte über drohen Verhaftung und Folter, Abwägen müssen und Angst. Nach dem Lesen der letzten Zeilen schloss ich das Buch ruhig, bedächtig, und hielt es für einen Moment an mein Herz. Lies es nachklingen.

Zweitlesefaktor

10/10. Unbedingt. Ich bin mir so sicher wie man sein kann, dass ich es noch einmal lesen werde. Ein Teil von mir würde es am liebsten jetzt gleich neu anfangen.

*lohnt*

Für Charakterstudien im dritten Reich. Was bewegte die Kommunisten, die Mitläufer und Karrieristen der Zeit? Was die einfachen Leute in ihren Entscheidungen? Nicht umsonst ist das Buch als Schullektüre empfohlen. Anna Seghers gelingt ein einprägsames Bild der Gesellschaft dieser Jahre.


weitere Rezensionen:

sehr ausführlich: Dieter Wunderlich
ein wenig interpretatorisch: Literaturkritik.de
die Hintergründe beleuchtend: Buchhexe