Die Türkei droht zur Autokratie zu werden. Die Polen konnten das Abtreibungsverbot in ihrem Land gerade noch aufhalten. Rechte Populisten bekommen Zulauf in vielen eurpäischen Ländern. Trump macht nach und nach seine unnötigen Wahlversprechen wahr. (Beim ihm wünschte man sich doch ausnahmsweise mal, er hätte nur heiße Luft verbreitet.)

Was lesen wir in dieser Zeit?
Für mich ist mein Lesen immer eine Auseinandersetzung mit der Welt. Mit unserer Geschichte als Menschheit, mit unseren Stärken und Schwächen und mit unseren Möglichkeiten. "Was kann ich tun?" eine typische Frage, mit der ich an eine Lektüre gehe.
Vor mir liegen gerade drei Bücher:

Konstruktiv

"Einkommen für alle" von Götz Werner.

Die Gedanken des dm-Gründers und langjährigen Geschäftsführers und die Vorstellung seines Modells für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Ich halte diese Idee schon lange für sinnvoll. Ich glaube, grundlegende Probleme ließen sich mit einem solchen Vorstoß lösen. Ich engagiere mich bereits dafür und wollte mich in den ersten Jahresmonaten nun konkreter mit Argumenten und Modellen beschäftigen. Ich will nach vorn schauen.
Es wäre das konstruktive Buch.

Herausfordernd

"1984" von George Orwell.

Sicher habt ihr es auch gelesen: dieses Buch ist momentan bei Amazon in die Bestsellerliste gesprungen, vermutlich ausgelöst von Trumps offiziellen Start als neuer Präsident Amerikas.
Ich habe es schon einmal auf deutsch gelesen. Nun habe ich mir am Wochenende die englische Version aus dem Haus der Eltern meines Freundes mitgenommen.
Wenn ich es jetzt erneut lese, wäre ich in bester Gesellschaft. Ich könnte gut darauf hoffen, mit anderen darüber in Austausch zu kommen.
Aber das drückt schon beim Gedanken dran im Magen, das macht unruhig und erfordert Auseinandersetzung mit den unangenehmen, jetzt so nahen Themen. Ja, es lässt sich leicht lesen während man sicher und behütet ist, doch im Moment? Es wäre die Herausforderung.

Flucht

"Mit dem Kopf zuerst" von Noëlle Châtelet.

Und da sind immer die Bücher im Regal, die Geschichten ohne große Risiken. Geschichten über Liebe, Freundschaft, das Erwachsen werden an sicheren Orten. Phantasievolle Welten. Altvertraute Kinderbücher, deren beruhigenden Ausgang man bereits kennt.
"Mit dem Kopf zuerst" ist sicher nicht bequem, es beschreibt das aufwachsen als Transsexueller. Aber es spielt in der Geborgenheit einer stabilen westlichen Gesellschaft. Ich könnte es anfangen und mich für die Zeit des Lesens daheim fühlen. So, als wenn grad nichts auf dem Spiel stünde.

Wie entscheidet ihr im Moment über das nächste Buch? Locken euch überhaupt die konstruktiven, die herausfordernden? Und wie würdet ihr in meinem Fall entscheiden?