Ich genieße die Videos von Cece auf ihrem Youtube-Channel
Problemsofabooknerd.
In einem ihrer Videos (ab 6:26, englisch) spricht sie über verbotene Bücher und dabei auch über den Hüter der Erinnerung (Im Original: The Giver). Damit hat sie mich neugierig gemacht.
Die Geschichte beginnt
Die Menschen der „Gemeinschaft“ fanden eine Möglichkeit, den Krieg abzuschaffen, so dass nach ein paar Generationen niemand mehr weiß, was dieses Wort bedeutet. Doch sie mussten dafür einiges an der Organisation der Gesellschaft verändern... wie weit durften sie gehen?
Jonas lebt in der "Gemeinschaft", in der Regeln, Rituale und eine klare Organisation die Entscheidungen vorgeben. Harmonisch ist es, und dem Vielen, dass die Bürger dafür aufgeben mussten, sind sie sich nicht mehr bewusst. Jonas wird zwölf, und die Zeremonie, in der die Ältesten ihm seinen Beruf verkünden, steht bald bevor. Er ist nervös, denn anders als sein Freunde, hat er in den vergangenen Jahren keine besonderen Talente gezeigt, und kann sich nicht vorstellt, wozu er bestimmt werden wird. Die Entscheidung, die die Ältesten getroffen haben, wird die Regeln seines Lebens und die der "Gemeinschaft" neu bestimmen.
Meinung
Wow! Diese Geschichte ist mal ein Brett! Ich musste mir mehrmals in Erinnerung rufen, dass das Buch ein Kinderbuch ist, denn es mutet uns Lesern eine Menge zu. Ich halte es für eines der Bücher, die, wenn man sie als Kind liest und dann noch einmal als Heranwachsende, dann als Erwachsene – sich jedes mal neu entfalten, und einem ein neuer Aspekt auffällt, der zum Nachdenken anregt. Tatsächlich denke ich jetzt grade in dem Moment, wo ich das Buch zugeschlagen habe: Wenn ich noch einmal von vorn anfinge, würde ich den Anfang noch einmal ganz neu verstehen.Und sind das nicht die besten Geschichten?
Für ein Kinderbuch passend ist die die Sprache einfach, aber sie ist klar. Jackob ist treffend wie ein 12-Jähriger geschrieben und dennoch mochte ich, dass er die Gedanken ausspricht, die auch ich als Erwachsene hatte.
Manche Bücher, grade um große gesellschaftspolitische Themen, deuten mehr an oder kreisen immer so um ihren Punkt, ohne ihn wirklich deutlich auszuschreiben. Vielleicht wollen die Autoren Interpretationsspielraum für den Leser offen halten. Aber auch dieses Buch, das seine Punkte benennt – deutlicher benenne muss, da es sich an Kinder richtet - ist deshalb nicht zu simpel. Es bringt einen im Gegenteil gerade zum Weiterdenken, weil man von den festen Punkten ausgehen kann.
Bisher nie so erfahren habe ich, wie Lois Lowry, indem sie die Regeln ihrer Welt erst nach und nach einführt, diese immer enger und kleiner werden lässt, als man sie sich am Anfang ganz natürlich vorstellt. Dieser Anfang, wo man die Einrichtungen der Welt selbst noch harmonisch und gerechtfertigt und gut bedacht finden kann. Es ist schwer zu beschreiben, ohne dass ich euch hier Konkretes nennen und die Überraschung der eigenen Erfahrung nehmen würde. Ich möchte nur Interesse wecken und erwähnen, dass da eine ungewöhnliche Leseerfahrung warten könnte, wenn ihr euch das Buch holen möchtet. Sie war neu für mich.
Die Geschichte behandelt den Konflikt zwischen der Einzigartigkeit und der Gleichheit eines Menschen zu den anderen, zwischen den Wunsch nach Harmonie und nötiger Auseinandersetzung. Euthanasie kommt als Thema vor. Schmerzen. Mir wurde schlecht bei der Vorstellung der Bürde des Hüters der Erinnerung. Ich war mit Jonas traurig und einsam, wütend und hilflos.
Ich konnte das Buch kaum weglegen. Ich denke es lohnt sich vor allem, da es entgegen dem Trend der zuletzt sehr populären mehrteiligen Dystopien wirklich schnell zu lesen ist, aber für mich zwischen den Zeilen viel mehr enthält und authentischer ist, da die Autoren nicht mit Klischees arbeitet.
Warum 4 Sterne? Die Handlung hat ein ungewohntes Tempo. Oben beschrieb ich wie die Autorin noch spät in der Handlung die Welt weiter erklärt. Dies hat auch einen Nachteil: Indem man auch noch in der zweiten Hälfte des Buches so viel Neues erfährt, fühlt man sich noch permanent in der Einleitung. Der Hauptkonflikt wurde für mein Gefühl sehr spät angegangen. Ich schaute auf die verbliebenen Seiten und dachte: Nun aber! Da muss doch noch einiges kommen. Doch manches vom Erwarteten kam letztlich nicht. Das Ende lässt für meinen Geschmack zu viel offen. Ich weiß allerdings, dass noch drei weitere Bücher ergänzend geschrieben wurden und hoffe, noch an sie heran zu kommen.
Was bleibt
Zum Lesen habe ich mir das Buch dieses mal aus der Bibliothek geholt. Aber ich weiß es wird später einmal Teil der Bücher sein, die ich bei mir haben will. Vielleicht wird es eines von denen, die mein Leben begleiten. Auf jeden Fall werde ich es in zweites Mal lesen. Ich bin sehr dankbar, dass ich durch Ceces Kanal darauf gestoßen bin.
8. September 2017 um 14:04
Wow! Ein Glück, hast du meinen Blog gefunden und ich Deinen!
„Hüter der Erinnerung“ habe als Teenager vor vielen, vielen Jahren gelesen – fand das damals schon heftig und es wäre auf jeden Fall spannend, es nochmals zu lesen. Muss grad mal gucken, ob es das in meinen Bibliotheken zur Ausleihe gibt!
Danke für Deine Rezension und die Erinnerung an dieses Buch.
LG, Tabea
8. September 2017 um 14:43
Bitte gerne 😀
Dass sich jetzt Mal jemand gefunden hat der das Buch auch kennt und mir davon schreibt finde ich voll schön!
Ich könnte mir vorstellen dass Du es als Erwachsene, hmmm… zwar nicht weniger krass findest, aber dass Dir vielleicht ganz andere subtilere Dinge als krass auffallen. Ich bin gespannt, wenn Du noch daran denkst (ich weiß, man vergisst das schnell, also kein Problem), kannst Du mir ja mal von Deiner Zweitleseerfahrung berichten.
Gern auch auf Twitter.