Sie muss das Herz wieder los werden, und bietet es in einem Internetforum anderen Herzpatienten an. So trifft sie auf Noah, den Forenmoderator, der sich ihrer annimmt, in der Hoffnung, sie umzustimmen.
Die Tage, die ich dir verspreche
Autorin: Lily Oliver
Verlag: Knaur
ISBN: 978-3-426-51676-8
Erscheinungsdatum: 01.09.2016
Seitenzahl: 868
Buchseite beim Verlag
Lily Oliver hat hier ein kraftvolles Thema aufgegriffen, um es den Lesern näher zu bringen. Was mich angeht, so ist ihr das gelungen. Ich konnte mich sehr gut in Gwen hinein versetzen und auch in das Tabu, davon zu sprechen, dass es einem schlecht geht, gegenüber den Erwartungen des Umfeldes, wenn man schon so lange im Krankenhaus war und doch nun wieder gesund werden kann. Auch wenn die Figuren aus Gwens Leben vor dem Krankenhaus, ihre Familie und ihr Freund, leider etwas blass bleiben, so ist doch die Kluft zwischen ihnen zu spüren.
Stil
Die Kapitel sind abwechselnd aus Gwens und Noahs Sicht, jeweils als Ich-Erzähler, geschrieben. An manchen Stellen hätte ich mir zwar gewünscht, einen Erzähler zu haben, der noch etwas mehr weiß, im großen und ganzen habe ich aber auch die charakteristischen Gedankengänge der beiden genossen. Zumal Lily Oliver Noah als männlichen Charakter sehr glaubwürdig geschrieben hat. Er ist kein wabbliger weiblicher Wunschtraum sondern hat Ecken und Kanten, ist prakmatisch und klug.Ein kluges Detail sind auch die Forumposts, die am Anfang jedes Kapitels stehen. Sie zeigen Gedanken von Noah und Gwen, die sie früher in Internetforen ausgedrückt haben. Ich muss zugeben ich brauchte ein paar Kapitel, bis ich diese Absicht verstanden hatte. Aber dann hat mir der Aspekt sehr viel Spaß gemacht. Er gibt der Geschichte noch mehr Echtheitsgefühl und Tiefe, und die Beiträge zeigen uns eine Kontinuität der Charaktere, die sonst in der ein paar Tage langen Geschichte nicht hätte aufkommen können.
Leseerfahrung
Manchmal erschien die Geschichte etwas konstruiert. So hat mich Anfangs genervt, wie oft Gwen und Noah anmerken müssen, wie sexy sie den jeweils anderen finden. Das Thema des Buches ist so wichtig aber in diesen Momenten scheint es , als wäre der Konflikt als hübscher dramatischer Hintergrund für die Lovestory da, und nicht die Lovestory als Entwicklung neben dem Konflikt. Auch dass Noah und Gwen sich gegenseitig Geocaching erklären, obwohl beide Charaktere es kennen, ist ein Beispiel für so einen konstruierten Moment. Das schreit praktisch dem Leser entgegen: Hier, für Dich, eine Erklärung von Geocaching.Kurz vorm Ende musste ich wegen frustrierender Melodramatik das Buch erstmal wegglegen. Ich kann es nicht leiden wenn ein Konflikt sich nur entspinnt weil sich Leute missverstehen und keiner es gebacken bekommt zu sagen: Nein, ich glaube, Du hast mich missverstanden.
Als Lob möchte ich aber erklären, dass dass es sich auch jedes Mal gelohnt hat, weiterzulesen, denn auch wenn manche Gründe oder Übergänge konstruiert erscheinen, so hat man immer gemerkt, dass die Lily Oliver damit tatsächlich ein Ziel hatte, und dass es noch ein wichtige Episode oder andere Perspektive zu erzählen gab, was mich wieder mit dem Buch versöhnt hat.
Und ich muss sagen, dass Lily Oliver in der Mitte der Geschichte, wo der Konflikt abhebt, liefert. Sie geht hinein und beschreibt. Das Buch bleibt nicht bequem und seicht, wie ich befürchtet hatte. Und in diesen Szenen war ich auch, da war mir schwindlig und ich war verzweifelt und habe mit beiden gefühlt.
Letztendlich bin ich sehr froh dass ich das Buch lesen konnte (ich habe es gewonnen). Das Thema Organspende und -Empfänger ist sehr gut recherchiert und das Buch führt heran und gibt viele Ansätze dazu, über die man als nicht Betroffener sonst vermutlich nicht nachgedacht hätte. Es tut, wozu Bücher so gut in der Lage sind: Es öffnet dem Leser eine neue Welt.
Zweitlesefaktor
6 von 10. Es liest sich gut und es ist ein Buch für eine Kaminstimmung. Ich glaube allerdings, dass sich beim zweiten Durchlesen nichts Neues mehr zwischen den Zeilen finden würde.Was bleibt
Die Frage: Warum ist da eigendlich Mohn auf dem Cover? 😀Lohnt?
Ja, für alle die das Thema Organspende interessiert oder die eine weniger kitschige Liebesgeschichte mit einem Twist lesen möchten.
20. August 2017 um 21:49
Eine tolle Rezension. Ich habe es auch gewonnen und es hat mir sehr gut gefallen. Allerdings hat mich auch dieser Mittelteil mit den Missverständnissen ungeheuer aufgeregt.
Ich verstehe auch deine Kritik zur Konstruiertheit der Geschichte. Da kann ich dir nur Recht geben.
Ich musste gerade wirklich schmunzeln: Die Sache mit dem Cover ist ganz an mir vorbeigegangen. Ich fand es einfach schön, sodass ich gar nicht erst den Sinn hinterfragt habe… Vielleicht war das der zugrunde liegende Gedanke des Verlags 😀
Liebe Grüße
Lisa
20. August 2017 um 22:07
Hi *lach*
schön, dass ich Dich zum Schmunzeln bringen konnte. Mittlerweile denke ich, da das ganze ja eine Sommergeschichte ist, dass sie vielleicht deshalb den Mohn gewählt haben. Aber wer weiß das schon so genau? 😉