Aber ist euch schon einmal aufgefallen, dass alte Bücher keine Klappentexte haben? Ich stöbere gerne durch Bücherregale voller solcher „bescheidener“ Bücher und genieße das Geheimnis, spüre Verheißung. Ich schaue mir die Titel an und lese ein zwei Seiten. Blättere in die Mitte. Erschließe mir das Buch wie auf einer kleinen Reise.
Wie kam es also zu den heutigen Klappentexten?
Einbandentwicklung
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es für Bücher noch keine festen Einbände. Sie wurden im Interimseinband herausgegeben, einem flexiblen, nur provisorischen Einband aus Papier oder dünner Pappe.Man erstand ein solches Druckwerk und lies es nach den eigenen Vorstellungen beim Buchbinder binden. So hatte jeder Haushalt seine eigene Familienausgabe.
Mit der Verbreitung der Schnellpresse während des 19 Jahrhunderts ließen sich Bücher zunehmend schneller und leichter produzieren. Gleichzeitig wuchs die Nachfrage nach Lesestoff und der Wunsch der Leser nach „Fertigprodukten“.
So wurde von den Verlagen damit begonnen, Bücher mit Verlagseinband herauszugeben. Das heißt, die Einbände wurden maschinell produziert und waren fortan bei jedem Buch einer Auflage gleich. Heute für uns eine Selbstverständlichkeit.
Mit der Produktion der einheitlichen Einbände war die Voraussetzung für eine werbliche Nutzung des Einbandes gegeben. Es musste nur noch jemand auf die Idee kommen.
Entwicklung heutiger Klappentexte
Das erledigte Karl Robert Langewiesche, der als erster Klappentexte für seine Reihe der blauen Bücher verwendete. Seine Version des Klappentextes befand sich im Schutzumschlag. Üblicherweise mit Informationen zum Buchinhalt links und Informationen zum Autor rechts im Einband.Die Information im Schutzumschlag ist bis heute üblich. Ich habe viele Bücher aus der DDR, die so herausgegeben wurden, und deren Rücken noch blank ist.
Später begann man auch die Rückseiten des Buches oder Schutzumschlages mit einem kurzen Text, oder Statements zum Buch zu bedrucken.
Und seit einer Weile sehe ich Ausgaben mit umso mehr Werbefläche, indem kein Schutzumschlag genutzt wird, sondern Vorder- und Rückseite an sich mit ausklappbaren Flügeln versehen werden, damit noch eine Innenseite dieser Faltung mehr für Inhalte und Gestaltung nutzbar ist.
Die Detailtreue die in die Gestaltung ist oftmals schön. Manchmal aber wünsche ich mich auch zurück in eine Zeit, in der ein Buch mit mehr Eigeninitiative entdeckt werden musste und einem weniger vorgegeben wurde, wie darüber zu denken ist.
Ich gehöre aber auch zu denjenigen, die eher ein - zwei Seiten in das Buch hinein lesen, um eine Entscheidung zu treffen. Der Klappentext allein genügt mir oft nicht.
Kommentarfragen:
Seid ihr neugierig, wenn ihr alte Bücher ohne Klappentext seht, oder schreckt es euch ab, außer Titel und Autor keine Information über das Buch zu haben?
21. Mai 2017 um 14:10
Toller Beitrag! 🙂 Als Buchliebhaber setzen wir uns viel zu selten mit den weniger offensichtlichen Bestandteilen von Büchern auseinander. Gerade der Klappentext wird auf Blogs ja eher als Ersatz für eine Inhaltsangabe genutzt.
Wie bei dir auch, reicht mir der Klappentext in der Regel nicht aus, um mich für ein Buch zu entscheiden – wenn es sich um einen Autor oder eine Autorin handelt, den/die ich noch nicht gelesen habe. Wenn ich allerdings im Buchhandel stehe und eventuell bereits schon mal etwas über den Titel gehört habe, reicht mir manchmal auch eine Erinnerung an den Inhalt und dann überzeugt mich die kurze Inhaltsangabe eventuell schon.
Was mich stört, ist, wenn Bücher eingeschweißt sind und auf der Rückseite sind nur Pressezitate zu finden. New York Times Bestseller sind eine weite Bandbreite von Autoren und Autorinnen, sodass ich solche „Qualitätsbeweise“ wenig überzeugend finde. Es gibt lediglich einen Autor, dessen Büchergeschmack mich noch nie enttäuscht hat, sodass ich Bücher mit seiner positiven Einschätzung darauf auch relativ blind kaufe. 😀
Was mich viel mehr beeinflusst, ist jedoch die Covergestaltung. Damit bekommen Titel bei mir den Fuß in die Tür. Wie steht es da bei dir?
21. Mai 2017 um 15:17
HI,
da bin ich jetzt mal neugierig, welcher Autor ist es denn, auf dessen Geschmack Du Dich so gut verlassen kannst? 🙂
Cover, hmm… Cover lenken im Buchladen auf jeden Fall meinen Blick, aber ich kaufe nicht danach (zumindest nicht bewusst). Sie locken mich an, dann drehe ich das Buch um. Wenn der Klappentext immer noch interessant ist, blättere ich kurz herein, lese die eventuelle Widmung, das Inhaltsverzeichnis und die erste Seite.
Eingeschweißte Bücher, erzähl mir davon! 😀
Ich hasse es , wenn der Barcode manchmal auch noch die Infos auf der Rückseite überdeckt.
Weißt Du, was mir durch Deinen Kommentar grade aufgefallen ist?
Ich hatte mich hier nur auf Klappentexte bezogen, aber die Cover haben sich scheinbar genauso mit entwickelt. Meine Buddenbrooks -Ausgabe im ersten Bild hat gar kein Cover. Als dann der Schuztzumschalg aufkam, begann man auch, ein Cover zu gestalten. Das ist mir gar nicht bewusst gewesen. Danke! 😀
23. Mai 2017 um 19:13
Hallöchen! 🙂
Okay, das ist ein bisschen peinlich, aber: John Green und das obwohl ich keines seiner Bücher gelesen habe.
Die Widmung? Das ist aber interessant! Vermutlich überblättere ich die häufig. 😀
Oh ja, das ist noch das Furchtbarste. Als wäre nirgendwo anders kein Platz für das Preisschild…
Hahaha, sehr gut! 😀 Dann hat die Übung hier ja Sinn gehabt. 😉 Aber ja, Cover kamen erst ziemlich spät dazu.
Und Buchpiraterie ist ja beispielsweise kein neues Thema. 😀 Gab es auch schon bei gedruckten Büchern bis cirka 1825.
24. Mai 2017 um 9:52
Ah John Green. Ich habe „Looking for Alaska“ („Eine wie Alaska“) und „Paper Towns“ („Margos Spuren“) von ihm gelesen und zu „The Fault in our Stars“ („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) habe ich den Film gesehen.
Da hatte ich leider auch den Eindruck, dass sich seine Jugendbücher von der Thematik und auch den Charakteren her wiederholen.
Dennoch weiß er unglaublich viel über Literatur Geschichte und ist sehr belesen. Ich habe mir zum Beispiel auch die erste Staffel „Crash Course Literature“ mit ihm auf Youtube angesehen.
So kann ich mir vorstellen, dass er sehr gut Talent entdecken und empfehlen kann, auch wenn seine Geschichten nicht die eigene Spannweite sind.
Hui, wenn Du über solche Themen wie historische Buchpiraterie ein wenig bescheid weißt, wäre das doch vielleicht mal ein interessantes Blogthema?
4. Juni 2017 um 16:16
Hallo,
mir ist zwar auch schon aufgefallen, dass ältere Bücher oft keinen Klappentext haben, aber die Geschichte dahinter kannte ich noch nicht. Also danke, dass du mich um einen weitere (unnützen ^^) Fakt bereichert hast 🙂 Sehr interessant auf jeden Fall.
LG
Lena
4. Juni 2017 um 16:26
Hi Lena,
Immer gern 🙂
4. Juni 2017 um 17:54
Tatsache ist, dass ich den Klappentext nicht (mehr) lese. Meistens ist er mir zu nichtssagend, manchmal verrät er zuviel, was extrem ärgerlich ist, und es kommt auch vor, dass er einfach nicht stimmt. Und dieses Phänomen tritt leider immer öfter auf.
Da ist es mir lieber, wenn der vorhandene Platz für schön gestaltete Karten oder einen Steckbrief des Protagonisten genutzt wird, oder für ein Kurzporträt des Autors, was ich alles schon gesehen habe.
Ich lese auch ins Buch rein, aber eher um den Schreibstil kennenzulernen. Worum es geht, entnehme ich gerne den Rezensionen anderer Blogger, bei denen ich mich darauf verlassen kann, dass sie eben nicht die Fehler des Klappentextes machen. Und diese Art mich zu informieren, klappt auch ganz gut, weil ich selten spontan im Buchladen kaufe, sondern immer schon eine lange Wunschliste im Kopf habe.
Liebe Litnetzwerk-Grüße von
Gabi
5. Juni 2017 um 12:00
Hallo Gabi,
nichtssagenden Klappentexte sind wirklich eine Qual.
Ich mag besonders die ganzen Superlative nicht, es kommt mir alles übertrieben vor.
Liebesgeschichte sind grundsätzlich romantisch und wärmen die Herzen, Krimis kitzeln die Nerven, Thriller rauben den Atem… das sagt alles gar nicht mehr aus.
5. Juni 2017 um 11:35
Hi Andrea,
ein wirklich gelungener Beitrag. Ich hatte mich bisher noch nie mit der Frage beschäftigt und fand es sehr interessant mehr darüber zu erfahren.
Ich persönlich lese zwar gerne den Klappentext bevor ich ein Buch kaufe. Allerdings ist dieser nicht ausschlaggebend für mich. Da spielt bei mir die Gestaltung des Covers tatsächlich eine größere Rolle.
Schade bei den Klappentexten finde ich das manchmal zu viel und manchmal zu wenig vom Buch verraten wird.
Liebe Grüße
Bella
#litnetzwerk
5. Juni 2017 um 12:07
Hallo Bella,
schön, dass ich Dir mit dem Beitrag etwas Neues erklären konnte. 🙂
Interessant das mit den Covern. Ich würde sagen, dass das bewusst für mich nicht so viel ausmacht. Aber ich muss das mal hinterfragen.
Die meisten Menschen schätzen sich ja auch so ein, dass sie nicht sehr von Werbung beeinflusst werden, aber eigentlich kriegt sie uns unterbewusst doch.
Ja, manche Klappentexte sind leider viel zu ausführlich.
Erst gestern habe ich einen gelesen nach dem Motto:
„Wie wäre das Leben, wenn sie DER-UND-DER wären? Und dann würde ihnen DAS passieren, und dann DAS, und dann DAS, bis sie sich letztendlich SO-UND-SO fühlen. Erleben sie es in diesem Buch!“
Da wusste man dann also schon komplett bescheid. Na vielen Dank.
6. Juni 2017 um 11:08
Hallöchen 🙂
Danke für diesen Beitrag. Über den Klappentext versuche ich immer einen ersten Zugang zu einem Buch zu bekommen. Doch gerade in den letzten Monaten habe ich feststellen müssen, dass die Klappentexte entweder nichtssagend oder völlig irrreführend sind. Zwar hatte ich noch nie Pech, dass ich auf Grund eines irreführenden Klappentextes ein schlechtes Buch bekommen habe, sondern eher andersherum. Hinter schrecklichen Klappentexten verstecken sich manchmal wahre Schätze an Geschichten und ich frage mich, wie andere Leser diese Schätze entdecken sollen, wenn sie erst einmal an dem seltsamen Gewusel auf der Rückseite vorbei müssen.
Mit den ausklappbaren Werbefläschen tue ich mich schwer. Sie sind oft der Grund, warum das Buch am Ende 5€ mehr als das klassische Taschenbuch kostet und das finde ich Quatsch. Dafür das letztlich nur mehr Werbeslogans namhafter Zeitungen oder Autoren zusätzlich abgedruckt werden.
Liebe Grüße
Jule
17. Juni 2017 um 0:01
Hallo Jule,
Also ich würde sagen, um auf die Schätze aufmerksam zu machen, sind wir da. 😉
Umso besser, wenn Du es an schlechten Klappentexten schon vorbei geschafft, und die tollen Geschichten dahinter entdeckt hast, das ist ein super Talent und ein Argument, um Deinem Blog zu folgen.
Den Gedanken an den Preisanstieg durch die zusätzlichen Werbespirenzien hatte ich gar nicht. Da hast du absolut recht, das das dann nicht Not tut.