Hallo,

ich werde noch mehr Zeit brauchen, um „Der geteilte Himmel“ auszulesen, es zu verarbeiten, die Rezi zu schreiben und zu veröffentlichen. Das Buch gibt so viel her, es ist unwahrscheinlich.

Stattdessen ein Gesprächsthema. Mal ein bisschen meta sein. Ich kann mir denken, dass das Thema Sternwertungen vielleicht schon besprochen ist, ich habe aber kaum Artikel dazu gefunden. Ich blogge noch nicht lange und mir ist es eben gerade wichtig.

Der Anlass

Vor zwei Wochen habe ich einen Twitteraccount eröffnet. Gut gemacht, denn ich bin dadurch auf viele lohnenswerte, ganz reichhaltige Blogs gestoßen, die ich vorher durch Suchen oder Verlinkungen noch nicht gefunden hatte, obwohl sie schon zwei oder mehr Jahre bestehen, regelmäßige Leser und viele Follower haben, und mit viel Herz, Engagement und Ausdauer geführt sind. Ich habe mir Zeit genommen und gestöbert.

Dabei ist mir aufgefallen, dass einige unter ihnen, wie zum Beispiel Herzpotenzial, Books in my World oder Brösels Bücherregal mit visuellen 5/5er-Bewertungen arbeiten, andere, wie, auch zum Beispiel, Kaffeehaussitzer, Literatourismus oder Umblättern nicht, sondern die zweiteren verlassen sich einfach darauf, dass der Leser aus der Rezension heraus schon verstehen wird, ob das jetzt eine Empfehlung oder eine Warnung gewesen ist.

Meine Erfahrung als Leser hat mich nun dazu gebracht, mir einmal bewusst zu überlegen, was diese Sternwertungen eigentlich sind, sein sollen, sein können, und ob ich weiter damit arbeiten möchte. Sie sind so allgegenwärtig und ich habe auf meinem Blog erst einmal einfach damit angefangen, weil man es halt „überall“ so sieht. Nur ehrlich gesagt, als Leser genieße ich die blanken Artikel ohne Punktvergabe mehr. Ich kann mich damit viel besser auf die persönliche Erfahrung des Bloggers einlassen. Die Sterne lenken mich ab.

Die drei Kruxen der Sternchen

Mit der 5/5er Wertung wird uns, wenn sie viele nutzen, doch der Eindruck vermittelt, all die Sternchen währen irgendwie vergleichbar. Als hätten sie doch eine zusammenhängende, unterliegende Bedeutung, wenn man durch die verschiedenen Blogs geht, und die Wertungen nebeneinander betrachtet. Und auf den Rezensionsportalen oder Amazon, die alle mit den Sternen arbeiten, das heißt es doch etwas, wenn die Durchschnittswertung am Ende hoch ist?
Aber was heißt das für mich wirklich? Am Ende lese ich doch immer ein paar der besten Rezensionen, dann ein paar der schlechtesten, vielleicht noch eine Naja-Rezension um zu merken, was an dem einen Buch dem einen gefiel, dem anderen mißfiel, und um dann danach zu urteilen, ob mir ähnliche Dinge wichtig sind. Die Sternwertung die der einzelne gibt, ist doch immer subjektiv. Manche Blogger gehen reflektiert mit dieser Tatsache um und haben sich eine eigene Bewertungsskala ausformuliert und sie veröffentlicht. Andere gehen noch deutlicher mit der Subjektivität um, indem sie nicht die omnipräsenten Sterne, oder neutral scheinende Punkte vergeben, sonder Federn, Tatzen, Schmetterlinge, oder was sonst so zu ihrem persönlichen Blogthema passt. Die Sterne verschiedene Menschen, haben nicht die gleichen Bewertungsgrundlagen und sind nicht vergleichbar.

Und auch die von einer Person erstellten Wertungen sind unter einander nicht so vergleichbar, wie es scheint. Manches Buch mag 3 Sterne bekommen, weil die Idee überwältigend, die Sprache aber nicht der Fall des Rezensenten war. Ein anderes, weil de Charaktere super waren aber das Ende nicht gefiel. Beim nächsten hat man die Dialoge geliebt, aber man musste sich so überwinden, das Buch überhaupt aufzuschlagen, weil das Cover abstieß. Letzlich muss man dann eh die Rezi lesen. Und ein Überblick über die 3-Sterne-Bücher einer Person, mal nebeneinander gelegt, sagt nichts darüber aus, dass die Bücher tatsächlich alle gleiche Schwächen und Stärken hätten. Die Sterne sind viel oberflächlicher.Ich muss trotzdem wieder die Rezension lesen, um die Sternvergabe zu deuten.

Dann gibt es noch den Fall der Rezi-Wertungs-Diskrepanzen, die auf manchen Blogs auftreten, und die die Wertungen ganz ad absurdum führen. Wenn jemand da etwa, überspitzt gesagt, schreibt:
"Also das Buch hat mir gar nicht gefallen, das Cover ist häßlich, die Handlung sinnfrei, die Charaktere sind dumm und die Auflösung ist eine Zumutung. Das Buch bekommt von mir nur 3 Sterne."
… Und dann sitze ich stumm und ungläubig vor dem Artikel und frage mich: Was muss an einem Buch sein, damit es von Dir keinen oder einen Stern bekommt?! Wenn Dir fünf Sterne zu viel sind, mach ne 3 Stern-Wertung. Wenn Du die Skala nicht ausnutzen willst, verliert sie ihren Sinn. Die Sternwertung ist manchmal inkonsequent, und macht den Rezensenten dann noch unglaubwürdig für mich. Obwohl die Rezi ja ehrlich geschrieben war. Das ist zusätzlich Schade.

Der andere Ansatz: Was will ich mit meinen Rezensionen erreichen?

Ich möchte hier schreiben um zu teilen, welche Bücher sich meiner Erfahrung nach lohnen. Weil sie mich berührt haben, weil ich etwas gelernt habe, weil man die Sprache so genießen kann. Weil ich in einer Welt war, und eine Erfahrung machen durfte, die ich nie hätte erleben können, und die ich jetzt anderen wünsche. Weil man daran wachsen kann und voll sein sein kann davon.

Ich wähle Bücher generell zum Lesen aus, weil ich davon ausgehe, dass ich etwas Besonderes in ihnen finden werde, das sie mich weiterbringen, begeistern oder gut unterhalten. Es könnte also langweilig werden mit den Sternchen, wenn es dann eh immer nur 4 oder 5 sind. Aber wer will absichtlich schlechte Bücher lesen und damit Lebenszeit vertun, in der man gute Bücher hätte lesen können?

Klar werde ich mich irren und es ist auch mal interessant, sich verschätzt und einen totalen Fehlgriff gemacht zu haben. Aber im Grunde will ich für das untere Spektrum nicht zuständig sein. Und über den Fehlgriff kann man auch unterhaltsam und individuell ohne die Wertung berichten.

So habe ich mich jetzt nach meinen Überlegungen entschlossen, von der nächsten Rezi an ohne die visualisierte Wertung zu schreiben. Ich überlege noch, ob ich so etwas wie [Empfehlung], [meh] und [Warnung] in die Überschrift nehmen sollte, damit man weiß was einen erwartet, und sich für die Argumente bereit machen kann, oder ob ich die Leser wirklich allein auf die Reise schicke zu erfahren, ob und wie mir das Buch gefiel. Ich erhoffe mir, dass ihr euch so vielleicht auch unabgelenkter auf die Gedanken einlassen könnt.

Was denkt ihr?

Ihr Leser: Helfen euch die Punkte/Sternchen/individuellen Bildchen, oder sind sie für euch auch eher verwirrend und ablenkend? Was findet ihr hilfreich oder nutzlos daran? Wären solche Tags in der Überschrift für euch hilfreich?

Ihr Blogger: Habt ihr euch auf eurem Blog bewusst für eure Herangehensweise (mit Punktwertung oder ohne) entschieden? Oder war es ganz natürlich und selbstverständlich für euch, mit dem einen oder anderen zu arbeiten und ihr habt das auch bisher nicht in Frage gestellt? Habt ihr eure Herangehensweise auch mal so mittendrin geändert?

Vielen Dank bis hierher. Schreibt mir doch eure Gedanken zum Thema, ich bin ja schon ganz gespannt auf Rückmeldungen!